Drei Jahre hat er daran gearbeitet, jetzt präsentierte der Fotograf Stefan Oláh seinen Bildband „Sechsunddreißig Wiener Aussichten“. Ein Streifzug durch das all- tägliche Wien.
WIEN. Stefan Oláh ist ein Fotograf der alten Schule. Wo andere mit der Digital- kamera auftauchen, stellt der 45-Jährige die Fachkamera auf – Großformat sei schließlich immer noch ein Garant für Qualität. Und die Große ist gerade noch
so klein, dass Oláh sie mit der Vespa transportieren kann.
Warum das wichtig ist? Bevor ein Bild im Kasten ist, fährt Stefan Oláh 25- bis 30-mal zum Aufnahmeort. Er ist geduldig. Schließlich müssen alle Details passen. Seine Bilder leben vom richtigen Moment. Ein Mann mit gelber Jacke blickt auf Schönbrunn. Kein Zufall. „Ich habe so lange gewartet, bis jemand mit dem richtigen Outfit ins Bild gepasst hat“, sagt Oláh. Drei Jahre lang hat der Wiedner an dem nun erschienenen Bildband gearbeitet.
Charme des Alltäglichen:
36 Wiener Aussichten sind es geworden. Detaillierte Blicke auf die Stadt, die alle auf „langjährigen Beobachtungen“ basieren. Der 45-Jährige fotografiert keine klassischen Postkartenmotive. Es ist der Charme des Alltäglichen, der Stefan Oláh fasziniert. Unter den Motiven ist das Rathaus mit dem Zirkus Roncalli davor. Auch hier habe der Fotograf auf den Zirkus gewartet. Einerseits stehe das Bild symbolisch für den politischen Zirkus. Andererseits sei der Rathausplatz fast nie leer.
Dabei ist jede Ansicht ein Schuss und ein Gegenschuss – heißt: die Ansicht auf die Aussicht von unten und die Aussicht von oben. Von oben hat man immer mehrere Aussichtspunkte im Blick – auch das ist gewollt. Ein Bildpaar zeigt das Herren- gassen Hochhaus im 1. Bezirk. „Das wurde unter der Bedingung errichtet, dass man es vom 1. Bezirk aus an keinem Punkt sehen kann“, sagt der Fotograf. Deswegen suchte er akribisch nach einem Fleck im Ersten, wo man das Hochhaus vielleicht doch sehen könnte. Und siehe da: Tritt man aus dem Portal der Kirche Am Hof und blickt noch
vor dem ersten Schritt nach draußen nach oben, erhält man die vielleicht einzige Ansicht des Turms.
Unbekannte Blicke:
Während seiner detaillierten Beobachtungen hätten sich auch andere, scheinbar unbekannte, Blicke ergeben. Oder hätten Sie gewusst, dass die Müllverbrennung in der Spittelau ganz genau in der Achse der Prater Hauptallee liegt? Eben. Um das zu sehen, muss man sich schon in den obersten Stock des Lusthauses bemühen. So wie Stefan Oláh mit seiner Fachkamera.
Zur Sache:
Der Bildband „Sechsunddreißig Wiener Aussichten“ von Stefan Oláh und Sebastian Hackenschmidt (Hrsg.) ist im Verlag Anton Pustet erschienen. Die insgesamt 72 Fotografien von berühmten und weniger berühmten Wiener Aussichtsplätzen werden mit einem Gedicht von Friederike Mayröcker eröffnet. Online sowie im Fachhandel ist das Buch mit der ISBN 978-3-7025-0866-1 erhältlich. Mehr Bücher und Werke vom Fotografen gibt es auf www.olah.at